Buchtipp Erwachsene Mai 2018

Lena Gorelik: Mehr schwarz als lila

1. Auflage. - Berlin : Rowohlt Berlin, 2017. - 250 Seiten
ISBN 978-3-87134-175-5 fest gebunden: EUR 19.95

(© Rowohlt)

Alex ist 17 Jahre und am liebsten mit ihrem besten Freund Paul und ihrer besten Freundin Ratte (Nina) zusammen. Die drei Jugendlichen sind unzertrennlich und gehen in dieselbe Klasse. Dabei ist es ihnen sehr wichtig, sich von der Masse abzuheben und ihre Idividualität zu leben. Sie pflegen ein intensives Vertrauensverhältnis und spielen in ihrer Freizeit am liebsten Spiele, die mit "Stell dir vor ..." oder "Du wirst dich doch trauen ..." beginnen. Diese Spiele bringen sie an ihre persönlichen Grenzen und loten die Belastbarkeit ihrer Freundschaft aus. Die 17-jährige Ich-Erzählerin Alex beschreibt im Rückblick wie es dazu kam, dass diese Spiele entgleist und die Freundschaften vereist sind.
Ein Referendar, Herr Spitzing, oder Johnny, wie ihn die Schüler schnell nennen, übernimmt die Deutsch- und Geschichtsstunden in der Schule. Herr Spitzing verändert die Dynamik im Trio. Alex verliebt sich in den unkonventionellen Lehrer, der auch ihren besten Freund Paul sehr beeindruckt. Er ist jung, macht einen demokratischeren Unterricht und verwischt die Unterschiede zwischen Lehrer und Schülern. Doch bei einer Klassenfahrt geht Alex zu weit, verrät ihre Freunde, übertritt eine Grenze und macht sich selbst zum Gespött.

Dieses kluge Buch über Freundschaft, Liebe und den Weg des Erwachsenwerdens erzählt die Autorin in ihrem typisch lakonischen Stil mit kurzen Sätzen und einen Eindringlichkeit, die einen sofort in ihren Bann zieht. Sie wirft dabei Fragen auf wie z.B.: Wie funktioniert Schule, wie Gruppendynamik? Was kann der Rausch der Macht mit einem Menschen machen? Hat wirklich jede Grenzüberschreitung Grenzen, wie der neue Lehrer behauptet? Aufgrund der ausdifferenzierten Charaktere, der präzisen Sprache und des vielschichtigen Plots ist Lena Gorelik ein wunderbarer Roman gelungen sowohl für Jugendliche als auch für Erwachsene.

Zur Autorin:

Lena Gorelik wurde 1981 in St. Petersburg (damals Leningrad) geboren. Nach Auflösung der Sowjetunion (1991) gehörte ihre jüdisch-russische Familie zu den ersten sog. "Kontingentflüchtlingen", die 1992 nach Deutschland kamen. Gorelik und der ältere Bruder wuchsen dann in Ludwigsburg auf. Deutsch lernte sie in der Schule und mit Kinderbuchklassikern aus der Leihbücherei. Nach dem Abitur absolvierte sie bis 2004 eine Ausbildung an der Journalistenschule in München und parallel ein Universitätsstudium der Kommunikationswissenschaft, Politik und Soziologie. Darauf folgte ein Aufbaustudium im Fach Osteuropa-Studien, das sie 2006 mit dem Magister-Grad abschloss. Danach begann sie in München als Stipendiatin der ZEIT-Stiftung ein Promotionsprojekt zum Thema "Russen - Juden - Deutsche", eine Medienanalyse russischsprachiger Quellen über die Integration russisch-jüdischer Einwanderer in Deutschland. Als freie Journalistin arbeitete sie für den Sender Deutschlandradio und schrieb Artikel über aktuelle politische und gesellschaftliche Themen, die u. a. in der "tageszeitung", der Wochenzeitung "DIE ZEIT" und in Magazinen wie "Merian" oder "Cicero" erschienen sind. In der deutschsprachigen Literaturszene wurde sie v.a. als Autorin einer lakonisch-gewitzten Erzählprosa bekannt, die Kritiker auch durch ihren präzisen Stil und einprägsame Figuren überzeugte. 2004 erschien ihr erster, autobiographisch gefärbter Roman "Meine weißen Nächte" über eine Petersburger Kindheit und die Integration in Deutschland. Veröffentlichungen u.a.: Erzählprosa: "Meine weißen Nächte" (04), "Hochzeit in Jerusalem" (07), "Verliebt in St. Petersburg" (08), "Lieber Mischa: ... Du bist ein Jude" (11), "Diese eine Frage" (13), "Die Listensammlerin" (13), "Null bis Unendlich" (15). Sachbuch: "Sie können aber gut Deutsch!" (12). "Mehr Schwarz als Lila" (2017).

Lena Gorelik heiratete 2009 ihren langjährigen Freund Peter, der ebenfalls jüdische Wurzeln hat. Mit ihm und ihren Kindern lebt sie in München.

Auszeichnungen u.a.: Scheffelpreis (01), Bayerischer Kunstförderpreis (05), Ernst-Hoferichter-Preis (09), Friedrich-Hölderlin-Preis/Förderpreis (09), Literaturstipendium Freistaat Bayern (12), Buchpreis Stiftung Ravensburger Verlag (14).