Buchtipp Erwachsene November 2018

Celeste Ng: Kleine Feuer überall

aus dem amerikanischen Englisch von Brigitte Jakobeit. München : dtv, 2018. - 383 Seiten
Originaltitel: Little fires everywhere
ISBN 978-3-423-28156-0 EUR 22.00

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Zum Roman:

Der Roman beginnt gleich dramatisch mit dem Ende: das Haus der Familie Richardson wird von der Tochter angezündet. Die darauf folgende Geschichte geht nun zurück und möchte erklären, wie es dazu kommen konnte.

Die Familie Richardson lebt mit ihren vier Kindern in einem Vorort von Cleveland in Shaker Heights. Ein großes Haus, ein gutes Einkommen der beiden Eltern, die besten Schulen und angenehme Nachbarn machen das Leben dort für alle sehr angenehm. Doch unter dieser ruhigen Oberfläche brodelt es gewaltig, als Mia Warren und ihre Tochter Pearl in die Stadt kommen. Sie ziehen in ein kleines Haus am Rande von Shaker Heights ein, das Familie Richardson gehört und die es gerne an ärmlichere Familien vermietet. Mia und Pearl haben jedoch ein ganz anderes Leben als die Familie Richardson. Mia ist Künstlerin und Fotografin und war nie sesshaft, sondern führte ein Nomadenleben mit ihrer Tochter zusammen seit ihrer Kindheit. Doch nun hat sie ihrer Tochter versprochen ein zuverlässiges und beständiges Zuhause zu bieten. So prallen zwei verschiedene Lebensentwürfe aufeinander, als die schüchterne Tochter Pearl sich mit dem Sohn der Familie Richardson anfreundet und mit ihm und den anderen Kindern viel Zeit verbringt. Pearl bewundert Mrs. Richardson, eine engagierte Journalistin, während deren Tochter die Künstlerin Mia und ihr Leben fasziniert beobachtet und ein Teil davon wird. 

Die Unterschiedlichkeit der Lebensentwürfe und Meinungen der beiden Familien erhitzt sich auch schon bald am Fall eines ausgesetzten chinesischen Babys, das Mr. und Mrs. Richardson lieber bei einem reichen kinderlosen Ehepaar aus ihrem Bekanntenkreis untergebracht wissen wollen. Mia Warren indessen unterstützt die Gegenseite - also die verzweifelte leibliche Mutter.

Als Mrs. Richardson den Grund für Mias fluchtartigen Lebensstil herausfinden will, tritt sie jedoch Ungeahntes los und stellt alle auf eine schwere Probe.

Auf eine sehr kurzweilige Erzählweise schafft es Celeste Ng in ihrem Roman zwei ganz besondere Mutter-Tochter Beziehungen zu beschreiben und ihre Protagonisten authentisch und lebensnah zu zeichnen. Sie verwebt die beiden Familiengeschichten klug miteinander und beobachtet die beiden Lebenskonzepte ohne sie zu beurteilen und lässt so Raum für eigene Gedanken zu verschiedensten Lebensfragen. Ihr ist wieder einmal ein großartiger Roman gelungen, der mit viel Herzblut geschrieben wurde und den ich sehr gerne empfehle.

Zur Autorin:

Celeste Ng (sprich: Ing) wuchs auf in Pittsburgh, Pennsylvania und in Shaker Heights, Ohio. Ng studierte in Harvard und machte ihren Master an der University of Michigan. Sie schrieb Erzählungen und Essays, die in verschiedenen literarischen Magazinen erschienen und mit dem Hopwood Award und dem Pushcart Prize ausgezeichnet wurden. 'Was ich euch nicht erzählte', ihr erster Roman, war ein New York Times-Bestseller, der, vielfach prämiert, in 20 Sprachen übersetzt wurde und auch verfilmt wird.

Andrea Effinger