Buchtipp für Erwachsene April 2017

Ursula Fricker: Lügen von gestern und heute

Roman / Ursula Fricker. - Originalausgabe. - München : dtv, [2016]. - 362 Seiten ; 22 cm
ISBN 978-3-423-28073-0 fest geb. : EUR 21.00

(© dtv)

Die Ereignisse in Ursula Frickers neuem Roman „Lügen von gestern und heute“ spielen sich in einer deutschen Großstadt – vermutlich Berlin -  im Jahr 2013 ab. Dort begegnen sich drei Menschen:

Beba ist aus ihrer osteuropäischen Heimat, in der Gewalt und Armut herrscht, geflohen und arbeitet nun als Prostituierte in der Stadt. Das Leben ist trostlos, aber sie braucht das Geld, um die Familie in der Heimat unterstützen zu können. Und sie hat einen Traum: Sie möchte Pianistin werden. Beba nimmt Klavierunterricht und spart auf ein eigenes Klavier. Ihr Schicksal scheint sich zum Guten zu wenden, als sie sich in einen jungen Musiker verliebt und auch noch die Gelegenheit bekommt,  in einem Jazzclub aufzutreten. Dort begegnet sie Innensenator Otten.

Isa ist die zweite Protagonistin. Sie ist eine Studentin aus gut bürgerlichem Hause, hat ihr bequemes, zielloses Leben aber gründlich satt. Da trifft sie zufällig auf eine Gruppe linker Aktivisten, die sich für ein illegales Flüchtlingscamp einsetzt. Endlich hat sie eine Aufgabe, einen Sinn in ihrem Leben gefunden, dem sie sofort alles andere unterordnet. Zunächst nur Mitläuferin, radikalisiert sich Isa immer mehr. Bald sind ihr die Aktionen der Gruppe nicht mehr genug. Sie willein Zeichen setzen. Ihr Feindbild ist Innensenator Otten.

Otten, der in seiner Jugend selbst Hausbesetzer war, steht nun vor der schwierigen Entscheidung, wie er mit den Flüchtlingen und den Aktivisten, die sich auf einem stillgelegten Fabrikgelände verschanzen, umgeht. Als dort ein Hungerstreik aus dem Ruder zu laufen droht, lässt er das Gelände räumen. Nachdem ein Sprengsatz vor seinem Haus einer Angestellten die Hand zerfetzt, gerät auch sein Leben aus den Fugen.

Ursula Fricker beleuchtet in ihrem Roman „Lügen von gestern und heute“ das Flüchtlingsthema, die Arbeit der Politiker und das Handeln der Aktivisten kritisch aber mit Verständnis für die jeweiligen Personen. Alle streben auf ihre Art nach Idealen, scheitern dabei aber an ihren (unbewussten) Lebenslügen.

Ursula Fricker wurde 1965 in Schaffhausen geboren, studierte Sozialarbeit in Bern, arbeitete in einem Heim für geistig behinderte Menschen und in der Theaterpädagogik. Sie veröffentlichte bisher die Romane: „Fliehende Wasser“ (2004), „Das letzte Bild“ (2009) und „Außer sich“ (2012). Die Autorin lebt heute im Umland Berlins.

Sabine Fürst (Stadtbibliothek im Torhaus)