Buchtipp für Erwachsene Mai 2019

Timur Vermes: Die Hungrigen und die Satten

Roman / Timur Vermes. - Orig.-Ausg. - Köln : Eichborn, 2018. - 509 S. ; 22 cm
ISBN 978-3-8479-0660-5 fest geb. : EUR 22.00


(© Eichborn Verl.)

Nach „Er ist wieder da" legt Timur Vermes mit „Die Hungrigen und die Satten" seine nächste Gesellschaftssatire vor, in der er unsere Realität so schonungslos demaskiert, dass einem beim Lesen das Lachen im Halse stecken bleibt.

Ein privater deutscher Fernsehsender und sein Star, ein cleverer Flüchtling und eine überforderte Regierung stehen im Mittelpunkt der Geschichte, in der sich hunderttausende Migranten aus Afrika zu Fuß auf nach Deutschland machen.

Es sind etliche Jahre vergangen, seit 2015 die Flüchtlingswelle Deutschland erreicht hat. Kanzlerin Merkel ist mittlerweile im Ruhestand, Europas Grenzen sind dicht, eine Obergrenze für Flüchtlinge wurde eingeführt und Deutschland bezahlt den nordafrikanischen Staaten große Summen, damit sie niemanden mehr über ihre Grenzen lassen. Südlich der Sahara sind riesige Flüchtlingslager entstanden, in denen manche Menschen schon seit Jahren auf ihre Chance warten, nach Europa zu gelangen. Sie haben wenig zu tun aber viel Zeit. Ein junger Flüchtling – er wird später Lionel genannt - rechnet seinen Freunden vor, wie weit er schon gekommen wäre, wenn er jeden Tag nur zehn Kilometer gelaufen wäre.

Dann erscheint ein Filmteam um die Starmoderatorin Nadeche Hackenbusch im Lager. Auf der Suche nach geeigneten Locations für ihre Reality-Show „Engel im Elend", glauben sie den perfekten Ort gefunden zu haben. Um das Leid der Flüchtlinge möglichst medienwirksam in Szene setzen zu können, organisiert Nadeche Castings im Lager und trifft dabei auch auf den smarten Lionel, der schnell ihr Herz erobert. Seine vage Idee, zu Fuß nach Europa zu gehen, wird plötzlich Realität: Organisiert von Schleppern und begleitet vom Filmteam macht er sich zusammen mit 150.000 anderen Flüchtlingen auf den Weg nach Deutschland.

Der Zug der Flüchtlinge ist zunächst ein riesiges Medienspektakel. Die Einschaltquoten der täglichen Sendung sprengen alle Erwartungen und die sozialen Netzwerke berichten sogar rund um die Uhr. Aber je näher der Zug kommt, desto angespannter wird die Stimmung in Deutschland: Bürgerwehren entstehen und die Umfragewerte der AfD schießen in die Höhe. Doch so groß der Druck auf den Innenminister auch ist, er versucht mit Weitblick zu handeln und trifft eine unpopuläre Entscheidung.

Bis zum unerwarteten Ende ist „Die Hungrigen und die Satten" eine bitterböse, meist humorvolle Gesellschaftssatire über den Zynismus mancher Medien und über einen viel zu trägen Politikbetrieb, der kaum angemessen auf die gesellschaftlichen Herausforderungen reagiert.

Timur Vermes wurde 1967 in Nürnberg geboren. Nach dem Abitur studierte er in Erlangen Geschichte und Politik. Seither ist er als Journalist tätig. 2012 veröffentlichte er unter dem Titel „Er ist wieder da" seinen ersten Roman. In der Satire entwickelt er ein Szenario, in dem Adolf Hitler 2011 in Berlin aufwacht und mit Auftritten in verschiedenen Fernsehshows wieder neue Anhänger findet.

 

Sabine Fürst